bist du etwa ein mädchen?

bist du etwa ein mädchen?

Dienstag, 22. Juli 2014

intervention n°2. für vielfältige elternschaft


titel: "and tango makes three", auf deutsch erhältlich unter dem titel "Zwei Papas für Tango"
autoren:  Justin Ridchardson; Peter Parnell; illustrationen: Henry Cole
verlag: Simon& Schuster, New York 2014
isbn: 978-0689-87845-9

für vielfältige elternschaft

schaue ich mich um, was so für bücher über familie in kleine hände gerät, im kindergarten, als geschenk von freunden, verwandten und bekannten, so bilden nicht-heteronormative elternschaften immer noch - und traurigerweise - eine seltenheit. mit der, auf wahren begebenheiten beruhenden, geschichte über zwei pinguinmännchen haben Justin Richardson, Peter Carnell und Henry Cole 2005 ein buch vorgelegt, das eine andere mögliche geschichte von elterschaft erzählt.

Roy und Silo bilden eines von vielen pinguinpaaren im zoo des new yorker central park. sie haben sich sehr lieb und machen alles, wirklich alles gemeinsam. sie bauen auch ein nest und als sie merken, dass die anderen (heterosexuellen) pinguinpaare eier ausbrüten, versuchen sie, es ihnen mit hilfe von ei-förmigen steinen nachzutun. selber legen können sie keins, denn beide sind männchen. ihr pfleger mr. Gramzay legt ihnen eines tages ein verwaistes pinguinei ins nest, welches sie mit hingabe und erfolg ausbrüten.

"and tango makes three" ist eine wundervolle, wenn auch im interesse der linearität der erzählung vereinfachte geschichte über nicht-heteronormative elternschaft.

es tauchen viele weitere themen um diese geschichte herum auf, die in dem buch nicht verhandelt werden, was zugegebenerweise ein bisschen schade ist. so wird nicht näher beschrieben, woher das ei kam. laut wikipedia ist es eines von zweien eines paares, dessen weiblicher part oft zwei eier legt, das aber nicht in der lage ist, sich auch um die zwei eier gleichermaßen zu kümmern. für pflegeeltern wäre dieser teil der geschichte ein unnachahmliche inspiration, um ihren schützlingen ihre aufgabe auf anschauliche weise zu vermitteln.

außerdem werden nicht-monogame beziehungen ebenso wenig thematisiert, wie die tatsache, dass roy und silo 'nur' durch medizinische tests tatsächlich als männchen eingestuft werden konnten. noel sturgeon lieferte 2010 eine sehr umsichtige analyse der erzählung in dem aufsatz penguin family values: the nature of planetary environmental reproductive justice. darin beschreibt sturgeon, dass silo später eine andere beziehung zu einem weibchen namens scrappy hatte, nach einiger zeit aber wieder mit roy 'zusammen kam', was interessante fragen über die notwendigkeit heterosexueller, monogamer, bzw. lebenslanger beziehungen aufwirft. überhaupt nicht problematisiert wird die rolle von mr. gramzay, der ganz offensichtlich derjenige ist, der bestimmt, welche geschichte sich ereignet: er entscheidet, dass roy und silo ein ei bekommen. es ist der tierpfleger, der die tiere beobachter, und - so vermutet sturgeon, medizinische tests durchführen lässt, um festzustellen, welche biologisch-geschlechtlichen merkmale vorliegen und der daher überhaupt erst festlegt, dass roy und silo (nach menschlich-biologischen kriterien) als männchen einzustufen sind. ( an der äußeren erscheinung kann diese einordnung offenbar bei pinguinen nicht so einfach vorgenommen werden.)

gerade die mutmaßlichen medizinischen tests, die feststellen sollten, warum roy und silo keine eier legen, und die daher auf ihre reproduktiven fähigkeiten ausgerichtet waren, verweisen auf den problematischen aspekt des zoos als ein kolonialistisches konzept und rufen neben fragen der rassisierung und hierarchisierung auch die längst nicht mehr unproblematische, aber altbewährte und immer noch starke dichotomie zwischen kultur und natur wieder auf den plan.

die positionierung des tierpflegers als entscheidungsträger und damit als zentrale instanz für den verlauf der handlung transparent zu machen, würde bedeuten, offenzulegen, wie wir uns unsere welt zurecht denken. das ist nicht nur eine wertvolle lektion für kleine menschen, sondern auch eine für große. oder wie mein kind es pointiert zusammen fasste: "ich glaube, wenn ich lange genug über dinosaurier rede, dann gibt es sie in echt."

Dienstag, 1. Juli 2014

intervention. mach's mal 'wie ein mädchen'













  



mädchen-bis zum beginn der pubertät-erfahren sich durchweg als kräftig. meinen die campagnenmacher_innen von #LikeAGirl, foto von smswigard, gefunden auf flickr.com, cc-by 2.0



mach's mal wie ein mädchen

auf you tube bin ich heute – ich weiß nicht wie – über einen clip gestolpert, der auf eine awareness-raising-campagne der always-vermarkter procter& gamble (D) zurückgeht. gerade erst letzte woche veröffentlicht (am 26.6.2014) beleuchtet der clip mit dem titel Always#LikeAGirl eindrucksvoll, was es bedeutet, 'ein mädchen' zu sein.



ich persönlich finde, wie thedailybeast einerseits zwar problematisch, dass es sich bei always um eine pflegeproduktmarke handelt, die a) teuer und daher exklusiv ist, b) täuschenderweise äußerliche 'schönheit', bzw. 'reinheit' verspricht, und c) entlang neoliberaler marktlogiken wie nahezu alle global player sehr wahrscheinlich einen problematischen umgang mit menschen, tieren und umweltressourcen hat (stichwort: müllproduktion). außerdem ist die musik schrecklich aufgesetzt! andererseits widerspiegelt der clip in eindrucksvoller weise mein anliegen mit diesem blog: wir bringen unseren kindern systematisch bei, das mädchen minderwertig sind. sie internalisieren diese botschaft (nicht erst in der pubertät!), ohne zu begreifen, was dies für sie selbst und die menschen in ihrer umgebung bedeutet: „meine schwester verletzt? nein. ich meine, ja. ich habe mädchen verletzt, aber nicht meine schwester.“


offenbar hat der immer noch eindrucksvolle (und ebenso widersprüchliche) dove-evolution-clip (der mit dem cooleren soundtrack) von 2006 seinen nachfolger gefunden.